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Chronik

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• Kirchliche und geistliche Entwicklung
Frühe Neuzeit • Politische Entwicklung
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• Wirtschaftliche und industrielle Entwicklung
• Humanismus und Bildung
• Verwaltung, Gerichtsbarkeit
• Politische und wirtschaftliche Entwicklung zwischen 1700-1800
Französiche Zeit • Politische Entwicklung
• Wirtschaftliche Entwicklung
• Kirchliche und geistliche Entwicklung
Preußische Zeit • Kirchliche und geistliche Entwicklung
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• Politische und wirtschaftliche Entwicklung 1850-1890
• Die "Wilhelminische Zeit" 1888-1933
Ruhrgebiet 1914-2011 • Erster Weltkrieg und "Weimarer Republik" (1914-1933)
• Nationalsozialismus, Krieg und die Folgen (1933-1948)
• Wiederaufbau und Gegenwart (1949-2011)

Frühe Neuzeit (1500-1800)

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg  (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Mit Beginn der frühen Neuzeit vollzieht sich in Europa und damit im späteren Ruhrgebiet ein Wandel, der vor allem durch Veränderungen in der Religion, durch neue Erfindungen bzw. Entdeckungen und neue Denkweisen bedingt war. Besonders hervorstechend war die von Luther initiierte Kirchenreformation und die damit verbundenen religiösen Konflikte.

Der Erfolg der Reformation ist vor allem durch die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern von Johannes Gutenberg begründet, weil sich die Ansichten Luthers schneller verbreiten und dadurch mehr Menschen erreicht werden konnten. Die Kommunikation und das Informationswesen in Europa wurde revolutioniert.

Bedeutend war ebenso die humanistische Renaissancebewegung, die besonderen Wert auf die umfassende und freie Bildung legte. Dazu zählte das Lernen antiker Sprachen wie Griechisch und Latein, die vermehrte Beschäftigung mit den Naturwissenschaften und das Infrage stellen kirchlicher Dogmen. Diese Veränderungen, die im Gegensatz zu den im Mittelalter vorherrschenden, stark an der römischen Kirche orientierten Denkweisen standen, prägten die europäische Entwicklung entscheidend.

Politische Entwicklung

Nachdem sich im Mittelalter die politischen Territorien im späteren Ruhrgebiet herausgebildet hatten, änderten sich diese bis 1700 nicht mehr grundlegend. So behielt das Herzogtum Kleve-Mark trotz stetig wechselnder Landesherren seine Strukturen bei und war aufgrund ihrer geografischen Lage besonders für die Großmächte Europas von besonderem Interesse. Nach dem sich zuvor Kleve und Mark zusammengeschlossen hatten, trat der klevische Erbprinz Johann aufgrund einer sorgfältig geplanten Heiratspolitik 1511 die Nachfolge der Herzogtümer Jülich und Berg an. Als sein Vater gestorben war, fiel ihm die Regentschaft über das klevisch-märkische Gebiet zu und aus diesen Territorien entstanden die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg. Damit hatte sich ein sehr großes Gebiet zusammengeschlossen, das fast die Größe des heutigen Nordrhein-Westfalens besaß. Um die Verwaltung der einzelner Gebiete zu gewährleisten, war das Areal der Herzogtümer in verschiedene Ämter unterteilt worden, welche die Verwaltungsaufgaben vor Ort übernahmen. Im märkischen Teil existierten die Ämter Bochum, Hörde, Blankenstein, Wetter und Schwerte. Das Amt Bochum, das sich um das komplette Gebiet zwischen den angrenzenden Territorien des Stifts Essen und der Reichsstadt Dortmund kümmerte, bildete das größte Verwaltungsgebiet. Im klevischen Lippe-Ruhr-Raum wurde das Drostenamt Dinslaken eingerichtet.

Admiral Don Francesco de Mendoza, seit 1598 Oberbefehlshaber des Spanischen Heeres im 80-jährigen Krieg (Quelle: Quadrat Bottrop Museum für Ur-  und Ortsgeschichte)
Admiral Don Francesco de Mendoza, seit 1598 Oberbefehlshaber des Spanischen Heeres im 80-jährigen Krieg (Quelle: Quadrat Bottrop Museum für Ur- und Ortsgeschichte)

Für die Region war besonders der 80-jährige Krieg zwischen den Niederlanden und Spanien von Bedeutung. Der Krieg fand, mit einigen Unterbrechungen, in der Zeit von 1568 bis 1648 statt. Im diesen Zeitraum fallen auch zwei weitere Kriege. Der „ Kölner Krieg“, den man nach einem der Kriegsführenden, Gebhard Truchsess von Waldburg, auch den „Truchsessischen Krieg“ nannte, fand von 1583 bis 1588 statt. Ihm folgte 20 Jahre später, von 1618 bis 1648, der 30-jährige Krieg. Aufgrund der teilnehmenden Kriegsparteien und ihrer Bündnispolitik kam es bei den Konflikten allerdings öfters zu Überschneidungen.

Im „80-jährigen Krieg“ versuchte die „Republik der sieben niederländischen Provinzen“ ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone zu erlangen. In diesem Konflikt diente das spätere Ruhrgebiet beiden Seiten als Versorgungsraum für ihre Heere. Immer wieder fanden Plünderungen durch die Spanier und die Niederländer statt. Hinzu kam, dass viele Plünderungen mit einem Blutbad endeten und die Bevölkerungszahl im 16. Jahrhundert stark sank.

Gebhard Trucheß von Waldburg, 1577 (Quelle: Quadrat Bottrop Museum für Ur-  und Ortsgeschichte)
Gebhard Trucheß von Waldburg, 1577 (Quelle: Quadrat Bottrop Museum für Ur- und Ortsgeschichte)

Der Truchsessische Krieg war ein Konflikt zwischen Gebhard Truchsess von Waldburg und Ernst von Bayern aus dem Hause Wittelsbach. Gebhard Truchsess von Waldburg, der Erzbischof von Köln, war im Zuge der Reformation zum Protestantismus übergetreten. Da er sich aber weigerte, sein Bischofsamt nach dem Konfessionswechsel nieder zu legen, wurde er vom Papst des Amtes enthoben. Ernst von Bayern, der neu eingesetzte Erzbischof von Köln, entsandte ein Heer, um insbesondere das Vest Recklinghausen wieder unter kurkölnische Herrschaft zu bringen. Im Frühjahr 1584 wurden sowohl Werl als auch Recklinghausen zurück erobert. Auch die Hohenlimburg bei Hagen wurde belagert und eingenommen.

Der Reformation wurde die Gegenreformation entgegen gestellt. Die katholische Kirche versuchte nun, dem Protestantismus entgegen zu wirken. Dazu gehörte auch die Besetzung der Grafschaft Moers, als Folge der schwerwiegenden Differenzen zwischen dem katholischen Spanien und den protestantischen Niederlanden. Graf Adolf von Moers und Neuenahr war gleichzeitig auch Gouverneur von Utrecht und Geldern. Geldern war zwischen 1578 und 1587 von den Niederländern besetzt.

Moers wurde 1586 von spanischen Söldnern besetzt. Zwei Jahre später geschah dasselbe in Ruhrort. Ebenso wurde das Stift Essen von den Spaniern geplündert. Besonders unerbittlich war der Einfall eines spanischen Heers unter Francisco de Mendoza im Jahr 1598. Mendoza fiel dabei in Kleve-Mark und in das Bistum Münster mit einer Truppenstärke von vermutlich 24.000 Mann ein. Seine Soldaten verübten verheerende Greueltaten und plünderten Dorsten, Gelsenkirchen und Recklinghausen. Das Ziel der Spanier war die Auslöschung des Protestantismus, da die Katholiken die neue Konfession als Ketzerei ansahen. Die Bewohner der Grafschaft versuchten sich in Höhlen, Wäldern und Burgen zu verstecken, um der spanischen Besetzung, die langsam auch auf andere Teile des Ruhrgebiets übergriff, zu entgehen. Letztlich konnten sich nur Dortmund und Soest aufgrund ihrer guten Stadtbefestigungen vor der völligen Zerstörung retten. Zudem forderte ein erneuter Ausbruch der Pest um das Jahr 1600 wieder viele Opfer und die Bevölkerungszahl im Ruhrgebiet ging abermals zurück.

Um 1609 verlor das Herzogtum Jülich-Kleve-Berg seinen letzten Nachfolger aus der märkischen Linie und fiel damit wieder auseinander. Das Territorium an Lippe und Ruhr fiel in den Blick europäischer Großmächte wie Spanien, Habsburg und Bayern und im weiteren der Niederlande und Brandenburg. Jede genannte Partei stellte Ansprüche auf die Vereinigten Herzogtümer. Kaiser Rudolf von Habsburg betrachtete die Herzogtümer als Lehen, die ihm zustanden, während der Kurfürst von Brandenburg und der Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg erbrechtliche Ansprüche darauf geltend machten. Die Auseinandersetzung über das Erbe wird als „Jülich-Klevischer Erbfolgestreit“ bezeichnet. Die beiden Fürsten regierten die Herzogtümer zunächst gemeinsam. Bei Beginn der Regentschaft hingen beide noch dem Luthertum an. Doch aufgrund eines Konfessionswechsel der beiden Fürsten ließ sich die gemeinsame Herrschaft nicht mehr aufrecht erhalten. Der Kurfürst von Brandenburg trat zum Calvinismus über, während der Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg zum Katholizismus konvertierte. Beide Konfessionswechsel waren politisch motiviert. Im Jahr 1614 entstand dadurch erneut die Gefahr einer religiös bedingten Auseinandersetzung, da sich beide Kontrahenten Verbündetet suchten. Der Kurfürst von Brandenburg sicherte sich die Hilfe der Niederlande, während der Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg die Unterstützung der Spanier erhielt. Da aber beide Parteien einen erneuten niederländisch-spanischen Krieg vermeiden wollten, wurde am 12. November 1614 zwischen dem Kurfürst von Brandenburg und dem Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg der „Vertrag von Xanten“ unterzeichnet. Darin wurde die Religionsfreiheit und die Teilung des Großterritoriums Jülich-Kleve-Berg beschlossen. Kleve-Mark fiel an Brandenburg, Jülich-Berg unterstand laut Vertrag der Herrschaft von Pfalz-Neuburg.

Durch die Vorherrschaft Brandenburgs im 17. Jahrhundert und die damit verbundene Randlage des Territoriums Kleve-Mark konnten die Kurfürsten von Brandenburg nicht ständig anwesend sein. Kleve-Mark geriet damit in eine fast führungslose Situation und durch die ständigen kriegerischen Handlungen des 80-jährigen Kriegs war das Land faktisch schutzlos.

Aquarellierte Federzeichnung der Burg Raesfeld um 1590 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Aquarellierte Federzeichnung der Burg Raesfeld um 1590 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Mit Beginn des 30-jährigen Krieg, entwickelte sich ein Konflikt, der zum einen den religiösen Gegensatz der „Protestantischen Union“ und der „Katholischen Liga“ innerhalb des „Heiligen Römischen Reiches“, zum anderen auch das Ringen um die politische Vorherrschaft in Europa zwischen Frankreich und Habsburg (habsburgischer-französischer-Gegensatz) zum Inhalt hatte. Aus einem zunächst konfessionell bedingten Religionskrieg wurde so eine europaweite, politische Angelegenheit, an dem katholische und protestantische Staaten beteiligt waren. Der Auslöser des Krieges war der „Prager Fenstersturz“. Das protestantische Böhmen lehnte sich gegen die Rekatholisierung durch den Habsburger Kaiser Ferdinand II. auf, der in Böhmen auch König war. Beim „Prager Fenstersturz“ stießen Vertreter der böhmischen Stände zwei kaiserliche Botschafter vor Wut aus einem Fenster. Durch diesen Akt erklärte Böhmen dem Kaiser auf unmissverständliche Weise den Krieg. Um 1620 kam der Krieg an Lippe und Ruhr an.

Der Lippe-Ruhr-Raum wurde, wie schon in den vorherigen Zeitepochen, gerne als Durch- und Rückzugsraum verwendet. Insbesondere die Spanier und die Niederländer quartierten sich dort immer wieder ein und belasteten damit die Lebenssituation der Bevölkerung sehr. Besonders schlimm war die Tatsache, dass sowohl Verbündete als auch Feinde die Ruhrregion ohne Rücksicht plünderten und die Bevölkerung dabei stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das Leben in den einst blühenden Städten wurde immer trostloser. Ebenso fanden Auseinandersetzungen in bestimmten Gebieten wie im Vest Recklinghausen oder in Dortmund statt.

Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel. Das Gemälde von Paulus Moreelse zeigt den "tollen Christian" im Kürisserharnisch zu Beginn seiner kriegerischen Laufbahn 1619 (Quelle: wikipedia, gemeinfrei)
Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel. Das Gemälde von Paulus Moreelse zeigt den "tollen Christian" im Kürisserharnisch zu Beginn seiner kriegerischen Laufbahn 1619 (Quelle: wikipedia, gemeinfrei)

Ein berüchtigter Kriegsherr war Christian von Braunschweig, auch der „tolle Christian“ genannt. Er fiel 1622 mit seinen Soldaten in die Ruhrregion ein und plünderte dabei Marl. Eine weitere Besetzung fand 1641 in Dorsten statt. Das kölnisch-katholische Dorsten war seit 1633 von den protestantischen Hessen besetzt. Das kaiserliche Militär versuchte die Festung Dorsten zurück zu erobern, was dann letztlich gelang.

Der 30-jährige Krieg konnte erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 in Münster beendet werden. Auch der 80-jährige Krieg fand mit dem Westfälischen Frieden sein Ende. Spanien und die Niederlande wurden als souveräne Staaten anerkannt. Mit den „Vereinigten Niederlanden“ entstand somit die erste neuzeitliche Republik. Damit erfolgte auch der Ausschluss aus dem „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“.

Die Schweizer Eidgenossenschaft wurde ebenso für unabhängig vom „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ erklärt. Zudem wurden die evangelische und katholische Konfessionen für gleichrangig erklärt und besaßen dieselbe Rechtsstellung. Durch den westfälischen Frieden ergaben sich aber kaum Änderungen in der Ruhrregion, dem späteren Ruhrgebiet, da die territorialen Veränderungen dort keinen Einfluss hatten. Die Landesherren von Kleve-Mark und Jülich-Berg standen sich immer noch feindselig gegenüber und so entstanden häufig Übergriffe auf den jeweils Anderen. Das Verhältnis besserte sich erst mit einem Vertrag von 1672 zwischen dem Kurfürsten von Brandenburg und dem Pfalzgrafen von Pfalz-Neuburg. Richtiger Frieden entstand allerdings erst mit dem Vertrag von Rijswijk.

Im Ruhrgebiet entwickelte sich danach wieder der Handel, neue Wirtschaftszweige, die auf Kohle und Eisen aufbauten, wurden erschlossen.

Reformation

Abbildung Martin Luthers im Kirchenfenster der Evangelischen Jakobuskirche Breckerfeld (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)
Abbildung Martin Luthers im Kirchenfenster der Evangelischen Jakobuskirche Breckerfeld (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)
Ablassbrief von 1330, rund 2 Jahrhunderte vor Luthers Thesenanschlag in Wittenberg (Quelle: Pfarrarchiv St. Cyriakus)
Ablassbrief von 1330, rund 2 Jahrhunderte vor Luthers Thesenanschlag in Wittenberg (Quelle: Pfarrarchiv St. Cyriakus)

Im Zuge der Reformation, die von Martin Luther eingeleitet wurde, war insbesondere der Ablasshandel ein auslösender Eckpunkt. Die Ablassbriefe waren von Papst Leo X. ausgegeben worden und sollten den Neubau der Peterskirche in Rom finanzieren. Der Erwerb von Ablassbriefen sollte dem Gläubigen dazu dienen, dass er von seinen Sünden freigesprochen und darüber hinaus seine Zeit im Fegefeuer verkürzt wurde. Besonders im Hochmittelalter hatte der Ablasshandel einen Aufschwung erlebt. Der Ablasshandel wurde zunehmend von einzelnen Kirchen als Geldquelle missbraucht, was den Unmut der Gläubigen erregte. Die Menschen übten jetzt häufiger Kritik an der Verfahrensweise der Kirche. Dass der Ablasshandel Unmut auslöste, zeigte sich bereits 1515 in Dortmund. In diesem Jahr wurden im Dominikanerkloster in Dortmund Ablässe verkauft. Dasselbe geschah in der Reinoldikirche und in der Petrikirche. In Dortmund führte das 1518 dazu, dass die Stadt dem Klerus verbot, Handel und Gewerbe zu treiben. Im Gegenzug wurde die Stadt mit dem Kirchenbann belegt und war somit aus der Kirche und von allen religiösen Handlungen, wie z. B. dem Empfang der Sakramente, ausgeschlossen.

Ab Mitte des 16. Jahrhunderts setzte sich die Reformation im Ruhrgebiet langsam durch. Luther hatte die Reformation am 31. Oktober 1517 mit den Anschlag seiner 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg im heutigen Sachsen-Anhalt ausgelöst. Seitdem zog die Reformation immer weitere Kreise. Der endgültige Durchbruch erfolgte dann 1520. Viele der deutschen Landesherren schlossen sich dem protestantischen Glauben an und unterstützten somit die Ausübung des Glaubens unter den Einwohnern ihres jeweiligen Herrschaftsgebietes. Teilweise war die Glaubensausübung durch die evangelischen und katholischen Landesherren aber auch erzwungen. Das zeigte sich an den zunehmenden, religiösen Auseinandersetzungen auf politischer Ebene, wie dem 80-jährigen Krieg und dem 30-jährigen Krieg, die religiös motiviert waren und sich letztlich auf ganz Europa ausweiteten.

Burgplatz mit Salvatorkirche in Duisburg 1566, Johan van Kornput (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Burgplatz mit Salvatorkirche in Duisburg 1566, Johan van Kornput (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Zahlreiche Entwicklungen von Städten in der Ruhrregion deuteten auf eine Verbreitung und Annahme des protestantischen Glaubens hin. Luther hatte zahlreiche Neuerungen eingeführt, nach denen der protestantische, auch evangelischer Glaube genannt, sich richten sollte. Luther entwarf eine Messe in deutscher Sprache mit deutschem Gesang und verfasste Katechismen nach protestantischem Glauben, die langsam Verbreitung fanden. In Duisburg wurde 1555 ein evangelischer Katechismus in den Schulunterricht eingeführt und in der Salvatorkirche wurde die gleichnamige Salvator-Statue auf Erlass des evangelischen Rates abgebaut, da diese als Abgötterie galt. 1561 wurde in Essen evangelischer Kirchengesang eingeführt. Die Stadt Recklinghausen genehmigte 1552 den gläubigen Protestanten entsprechende Gottesdienste und führte die Religionsfreiheit ein. Im ganzen Ruhrgebiet nahmen Menschen den protestantischen Glauben an, was zum Glaubenswechsel ganzer Städte und Dörfer führte.

Willibrordidom in Wesel  (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)
Willibrordidom in Wesel (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)

Eine Hochburg der Reformation stellte die Stadt Wesel dar. Dort hatten sich bereits um 1517 unter dominikanischen und augustinischen Mönche protestantische Ansichten verbreitet. Außerdem entstand in Wesel eine protestantische Partei. Der klevische, humanistisch geprägte Herzog gab Anweisungen, die zunächst gegen die Ausübung des protestantischen Glauben sprachen. Aber direkt dagegen war er letztlich doch nicht. Er förderte die Heraushebung der Gemeinsamkeiten in den Konfessionen und verbot sogar theologische Diskussionen. Ebenso wurde ab 1540 im Willibrordidom und in der Mathenakirche in Wesel das Abendmahl nach protestantischer Art eingenommen. Die beiden Gotteshäuser vollzogen in dieser Zeit den Wechsel vom katholischen zum evangelischen Glauben. Anderen Weseler Kirchen und geistige Einrichtungen blieben dagegen dem Katholizismus zugewandt.

Wirtschaftliche und industrielle Entwicklung

Ebenso wie die religiösen Anschauungen entwickelte sich die Industrie und deren Technik fort. Die Menschen der frühen Neuzeit erfanden neue Verfahren und Gerätschaften, die die Wirtschaft und die Industrie entschieden vorantrieben.

"Die verschiedenen Arten der Fahrung",1556, A: Ein Bergmann, der auf der Fahrt einfährt B: Einer, der auf dem Knebel sitzt C: Einer, der auf dem Leder einfährt D: Auf Stufen, die im Gestein hergestellt sind, Einfahrende (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
"Die verschiedenen Arten der Fahrung",1556, A: Ein Bergmann, der auf der Fahrt einfährt B: Einer, der auf dem Knebel sitzt C: Einer, der auf dem Leder einfährt D: Auf Stufen, die im Gestein hergestellt sind, Einfahrende (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

So erschienen im 16. Jahrhundert erste schriftliche Abhandlungen, die sich speziell mit dem Bergbau und den angewandten Techniken auseinandersetzen. Der Forscher Georgius Agricola veröffentlichte 1556 ein Werk über den Kohleabbau in Westfalen und in Essen. Die Bergleute legten mittlerweile tiefe Schächte an und die Kohle wurde mit Eimern aus den Schächten hochgezogen. Mit technische Hilfsmittel zum Ab-und Aufwickeln von z. B. Seilen, so genannten Haspeln, stiegen die Bergleute in die Schächte hinab. Des Weiteren legten die Bergleute bereits Abzugsstollen an, um das Grundwasser abzuleiten. Ebenso wurden Pferde und die Nutzung von Wasserkraft als Hilfsmittel zum Abbau genutzt. Ein weiteres Werk zum Thema Kohleabbau erschien 1616. Der Autor Johannes Ursinus liefert darin einen Überblick über den Abbau in der Essener Region. In Essen war der Kohleabbau schon im 16. Jahrhundert so weit fortgeschritten, dass dort die erste bezeugte Bergbaugenossenschaft gegründet wurde. Diese ist für 1566 in Essen-Bredeney belegt. Ebenso wurde 1575 eine Bergbauordnung für eine Essener Kohlegesellschaft von der Äbtissin des Damenstifts erlassen. In Hohensyburg bei Dortmund wurde 1582 die Genehmigung für die Errichtung eines Kohlebergwerks erlassen. Dafür war ein Beschluss des Landesherren notwendig. Zudem finden sich erste Hinweise auf die Verschiffung und den damit verbundenen Handel mit abgebauter Steinkohle. In Zollrechnungen von Rheinberg (1599) wurden Zollbeträge für Steinkohle verzeichnet, die über die Ruhr verschifft wurde. Ab 1630 wurden im Ruhrgebiet Stollen im Bergbau angelegt, wodurch die Kosten des Abbaus stark anstiegen. Ein Beispiel dafür stellte Bochum-Linden dar. Die Bergwerksbetreiber schlossen sich deshalb zu Gewerkschaften zusammen. Durch den vermehrten Abbau wurde letztlich sogar in Dortmund die Anlage eines weiteren Bergwerks untersagt mit der Begründung, dass die nachfolgenden Generationen ebenso ein Anrecht auf den Kohleabbau hätten.

Mit dem Ende der Auseinandersetzungen zwischen den Landesherren in der Mitte des 17. Jahrhunderts gewann der Handel neuen Aufschwung. Während alte Handelsorte wie Dortmund und Soest ihre wirtschaftliche Blüte bereits erlebten hatten, stiegen neue Städte zu wirtschaftlicher Größe auf. Insbesondere die Grafschaft Mark wuchs mit mehreren Städten zu einem Handelszentrum heran, in dem mit verschiedenen Kleineisenprodukten wie Draht, Nadeln und Sensen gehandelt wurde. In Sprockhövel wurde Eisenerz abgebaut, das dann zu Stahl weiterverarbeitet wurde.

Ehemalige Wassermühle in Schermbeck (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)
Ehemalige Wassermühle in Schermbeck (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)

Ebenso entwickelten sich andere Gewerbeformen weiter wie die Papierherstellung, die Büchsenherstellung und das Mühlengewerbe. Essen war zwischen 1522 und 1622 das führende Zentrum für die Büchsenherstellung. Im gesamten europäischen Raum wurden die Essener Gewehre vertrieben. Die Büchsen wurden arbeitsteilig hergestellt. So konnte die Tagesproduktion im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts gesteigert werden. In der klevischen Kleinstadt Schermbeck betrieben die Stadtanwohner im 15./ 16. Jahrhundert mit Wasserkraft Getreidemühlen. Dies stellte eine weitere Neuerung in der Arbeitswelt dar und erleichterte den Menschen den Arbeitsalltag. In der Zeit nach dem Westfälischen Frieden blühte in vielen Orten das wirtschaftliche Leben wieder auf. Die Menschen betrieben verschiedene Handwerksarten wie den Häuserbau, die Tuchherstellung, die Ledergerbung und die Papierherstellung. Die Menschen im Ruhrgebiet dieser Zeit waren schwer vom Krieg getroffen worden und die Entwicklung neuer Produkte und deren Vertrieb wurde überlebenswichtig.

Besonders die Schifffahrt stellte einen wichtigen Handelsweg dar, der für die Städte an Rhein und Ruhr von elementarer Bedeutung wurde. Die Stadt Duisburg verlor im 16. Jahrhundert an Bedeutung für den Seehandel. Da der Rhein um das Jahr 1000 seinen Lauf geändert hatte, war die Stadt seitdem sowieso nur noch mit einem schiffbaren toten Nebenarm mit dem Rheins verbunden. Der 30-jährige Krieg brachte den Handel dann fast zum Erliegen. Erst mit der Einrichtung einer Schiffslinie nach Nimwegen ab 1674 wie in Wesel konnte sich auch Duisburg wieder zu einem Handelszentrum entwickeln. Dort wurden Waren aus dem gesamten Ruhrgebiet verschifft. Dazu zählten Metallwaren, Käse, Salz, Tran und Raps. Die Linie verkehrte passend zu den Wochenmärkten in Duisburg und Nimwegen. Andere Städte profitierten wiederum von ihrem direkten Zugang zu Wasserstraßen. Dazu zählte z. B., wie oben erwähnt, die Stadt Wesel, die direkt am Rhein gelegen war und hohe Zolleinkünfte zu verbuchen hatte. Mit dem zunehmenden Handel auf den Flüssen wurden Schiffslinien eingerichtet, die nach einem festen Fahrplan fuhren. Wesel war schon zu Zeiten des 30-jährigen Kriegs der wichtigste Warenumschlagsplatz für die gesamte Region. Dort kamen Waren aus Dortmund, Nimwegen, Amsterdam und Antwerpen zu weiteren Verschiffung an. Ab 1670 wurde dann eine regelmäßige Schiffslinie eingerichtet, die alle zehn Tage von Wesel aus die Städte Rees, Emmerich, Arnheim, Utrecht, Amsterdam und Rotterdam anlief. Damit war gewährleistet, dass die Waren verschifft werden konnten und der Handel florierte.

Eine weitere Neuerung war die Entstehung des Postwesens. Der Grundstein dafür wurde bei den Verhandlungen des Westfälischen Friedens gelegt. Durch Kuriere wurden die neusten Nachrichten bezüglich der Verhandlungen weitergeleitet. Neben privaten Kurieren benutzten die Gesandten die berittene Reichspost, die über die 1646 eingerichtete Linie von Münster über Wesel, Geldern, Roermond und weiter über Antwerpen und Brüssel ging. Wesel entwickelte sich zu einem Knotenpunkt. Viele Kurierdienste trafen hier aufeinander. Da Wesel ein zentraler Ort für den Handel war, stellte die Entwicklung zu einem zentralen Postort keine Überraschung dar, weil von der Stadt viele Handelswege abgingen und eine schnelle Briefübermittlung gewährleistet war.

Ab ca. 1680 wurde eine Postlinie eingerichtet, die über Düsseldorf, Duisburg und Xanten weiter nach Nimwegen führte. Die Post setzte dort eine Kutsche ein, die sowohl Briefe als auch Reisende transportierte. Die angelegten Linien wurden mehrmals in der Woche bedient und langsam wurde der Postverkehr ausgeweitet. Allein in Wesel verkehrten bald 17 Postlinien und es wurde eine Postsammelstelle eingerichtet. Im Kerngebiet des Ruhrgebiet war die Postanbindung noch eher schwach ausgebaut. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in der Ruhrregion keine durchgehende Postlinie. Essen war lediglich durch einen Postkarren mit Wesel verbunden, während Sendungen aus Bochum erst nach Lünen gebracht werden mussten, von wo diese weiter verschickt wurden. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts bekam Dortmund ein Unterpostamt, das von der Reichspost unterhalten wurde. Die Post kam in der Anfangszeit nur sehr langsam an ihr Ziel, da sie ungefederte Wagen benutzte und in Verbindung mit den schlecht ausgebauten Straßen war eine Reise mit einer Postkutsche sehr unbequem und lang.

Humanismus und Bildung

Angestoßen durch die humanistische Bewegung wurden im späteren Ruhrgebiet viele Schulen und eine Universität gegründet. Der vermehrte Drang nach Wissen in der Zeit förderte darüber hinaus den Entdeckerdrang und damit die Anfertigung von detaillierten Kartenwerken.

In der frühen Neuzeit wurden an Rhein und Ruhr zahlreiche Schulen gegründet, die von geistlichen Orden oder der Stadt geleitet wurden. In Dortmund wurde z. B. 1543 ein städtisches Gymnasium gegründet, das humanistisch geprägt war. An der Schule wurden Fächer wie Griechisch, Hebräisch, Geschichte, Erdkunde, Physik und noch weitere Fächer gelehrt. Die höheren Klassen konnten, als Vorbereitung für ein Studium, noch Kurse in Philologie (Sprach- und Literaturwissnschaft) und Jura belegen. Um 1604 sollte das Gymnasium in Dortmund zu einer Universität ausgebaut werden. Dazu warb man Professoren von anderen Universitäten an, um die benötigten Lehrstühle einrichten zu können. Doch letztlich scheiterte die Umsetzung. In Duisburg wurde 1563 eine Elementarschule gegründet. Die Stadt Essen hingegen richtete ein Jahr später ein Gymnasium ein, das lutherisch geprägt war und in Konkurrenz zur Lateinschule des Stifts Essen stand. Eine weitere Schulgründung folgte 1582 in Moers.

Ein besonderes Ereignis stellte die Gründung der Klevischen Landesuniversität am 14. Oktober 1655 in Duisburg dar. Die Eröffnung fand in der Duisburger Salvatorkirche statt. An der Universität gab es Fakultäten für Medizin, Jura, Philosophie und Theologie. Die Universität Duisburg zählte im Vergleich eher zu den kleinen Universitäten und stand in Konkurrenz zu der Kölner Universität. Der Hauptgrund für die Gründung war eine Bitte der klevischen Stände im Jahr 1641, die ihre Kinder zum Studieren nicht ins Ausland schicken wollten. Daher gab Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die Genehmigung zur Gründung. Ein weiterer Grund für die Gründungen waren die mangelnden Bildungsmöglichkeiten im Lippe-Ruhr-Raum. Dadurch sollten die kulturellen und strukturellen Gegebenheiten in den westlichen Teilen Brandenburg verbessert werden. Am Tag der Eröffnung schrieben sich 116 Studenten an der neuen Universität Duisburg ein. Insgesamt existierte die Universität nur 150 Jahre.

Eröffnung der Alten Universität Duisburg (Gemälde) (Quelle: Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg)
Eröffnung der Alten Universität Duisburg (Gemälde) (Quelle: Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg)
Moers, Stadtplan von Mercator 1591 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Moers, Stadtplan von Mercator 1591 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Durch die zunehmenden Entdeckungsfahrten der Seefahrer wurde neues Land erschlossen und es konnten umfangreiche und sehr detaillierte Kartenwerke angefertigt werden. Die Menschen besaßen immer bessere geographische Kenntnisse, woraus sich auch ein neues Weltbild entwickelte. In dem Gebiet der Kartenzeichnung taten sich besonders zwei Männer hervor, die beide in Duisburg lebten: Gerhard Mercator und Johannes Corputius. Mercator war von den Niederlanden nach Duisburg übergesiedelt, weil er dort 1544 von den katholischen Spaniern der Ketzerei bezichtigt worden war. In Duisburg war er dann ab 1552 als Kosmograph des Herzogs von Jülich-Kleve-Berg tätig. Er fertigte 1554 eine sehr detaillierte Karte von Europa an, sowie die berühmte, herzförmige Weltkarte von 1569. Seine Weltkarte ist genau nach Längen- und Breitengraden ausgerichtet. So konnten die Seefahrer erstmals aufgrund der Nord-Süd-Orientierung durch einen Kompass nach der Karte navigieren. Vorher existierten keine brauchbaren Karten für Seefahrer. Zudem schuf er 1541 noch einen Weltglobus und 1551 einen Globus, der den Himmel abbildete. Dadurch wurde Gerhard Mercator weltberühmt. Doch auch seine Schüler und Söhne zeichneten sehr detaillierte Karten. Sein Schüler Johannes Corputius fertigte 1566 eine Karte von Duisburg an, auf der alle städtischen Gebäude verzeichnet waren. Mercators Sohn Johann zeichnete 1591 eine Landkarte von der gesamten Grafschaft Moers.

Eine ähnliche Tätigkeit betrieb Matthäus Merian der Ältere (1593-1650). Merian ließ sich in Zürich zum Kupferstecher ausbilden und unternahm danach Studienreisen nach Frankreich, Deutschland und die Niederlande. Er fertigte Stadtansichten aus Kupfer an. Unter diesen Ansichten befinden sich viele Motive aus der Ruhrregion wie z. B. Hamm, Werden, Recklinghausen, Dorsten und Ruhrort bei Duisburg.

Historische Ansicht von Duisburg, kolorierter Kupferstich von Johann van den Corput, 1566 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Historische Ansicht von Duisburg, kolorierter Kupferstich von Johann van den Corput, 1566 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Verwaltung und Gerichtsbarkeit

Wasserprobe, Titelblatt der Schrift von Hermann Neuwalt, Helmstedt 1581  (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Wasserprobe, Titelblatt der Schrift von Hermann Neuwalt, Helmstedt 1581 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Ebenso wie der Bildungsbereich wurden die Verwaltung und das Gerichtswesen weiter entwickelt. Das dies nicht immer nur in positiver Hinsicht geschah, wurde an den Hexenverfolgungen deutlich. Die Verwaltung und die Gerichtsbarkeit nahm in der frühen Neuzeit neue Formen an und wandelte sich grundlegend. Da die Territorien an Rhein und Ruhr sehr groß waren, bauten die Landesherren einen großen Beamtenapparat auf, der die Verwaltung und die Gerichtsbarkeit übernahm. In den Städten entstanden Ratskollegien, die sich um den Schriftverkehr kümmerten und diesen entsprechend an den Stadtherren weiterleiteten. Dazu kam, dass ab dem 15. und 16. Jahrhundert die einzelnen Stände, wie die Ritter und das Bürgertum, mehr Mitbestimmung bekamen, wodurch die Macht der Landesherren eingeschränkt wurde. Die unteren Stände allerdings durften zu diesem Zeitpunkt noch nicht in den städtischen Rat eintreten. Die ständische Mitbestimmung wurde jedoch nicht immer von den Landesherren akzeptiert und von ihnen teilweise sogar umgangen. In der Stadt Hamm durften die Stände bereits seit 1419 ihren Rat frei wählen. Im Jahr 1567 rebellierten die Bürger gegen den Drosten, den Vertreter des Kurfürsten, und stürmten bewaffnet das Rathaus von Hamm.

In Bezug auf die Gerichtsbarkeit sind noch die zahlreichen Hexenverfolgungen zu erwähnen. Zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert fanden überall im Ruhrgebiet Hexenverurteilungen statt. Die angeblichen Hexen wurde beschuldigt, durch Zauberei Tiere und Menschen krank zu machen und die Ernte durch Unwetter zu vernichten. Die Verdächtigen wurden meist aufgrund von Denunziationen angeklagt und wurden so lange gefoltert, bis sie gestanden. Dabei war es unerheblich, ob das Geständnis richtig war. Wichtig war nur, dass der Angeklagte zugab, eine Hexe bzw. ein Hexenmeister zu sein. Die Grundlage für die Folterverhöre bildete der so genannte „Hexenhammer“, eine Schrift, in der genau beschrieben wurde, durch welche Praktiken und Foltermethoden eine Hexe zu erkennen war. Häufig wurde die besonders zweifelhafte „Wasserprobe“ durchgeführt. Die angebliche Hexe wurde dabei gefesselt in ein Gewässer geworfen. Wenn die Person unterging und somit ertrank, galt sie danach als unschuldig. Blieb sie jedoch an der Wasseroberfläche, galt sie als schuldig und wurde danach auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Um den anstehenden Hinrichtungen zu entgehen, begingen die Beschuldigten häufig Selbstmord. In Witten fanden innerhalb nur eines Jahres 14 Verbrennungen statt. Auch in Dortmund fanden 1593 insgesamt 14 Verbrennungen statt.

Politische und wirtschaftliche Entwicklung 1700-1800

Mit dem Beginn des 18. Jahrhundert änderte sich die politische Situation insoweit, als das sich Friedrich I., Kurfürst von Brandenburg, zum „König in Preußen“ erheben ließ, der Beginn des Königreichs Preußen. Damit gehörte Kleve-Mark zu den Territorien von Brandenburg-Preußen. Darüber hinaus lagen an Rhein und Ruhr u. a. noch die kleineren Territorien des Stifts Essen und des Klosters Werden, sowie das Vest Recklinghausen und die Reichsstadt Dortmund. Zudem lag eine räumliche Trennung Kleve-Marks von den restlichen Gebieten Preußens vor. Diese Faktoren behinderten die einheitliche und strukturierte Regierung dieses preußischen Besitzes erheblich.

Stunikenhaus in Hamm: Der Brandmeister Stuniken ist Namensgeber für das Haus und den Stunikenmarkt (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Stunikenhaus in Hamm: Der Brandmeister Stuniken ist Namensgeber für das Haus und den Stunikenmarkt (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Im Jahr 1701 folgte der Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs, ein Krieg um das Erbe des letzten spanischen Habsburgers, König Karl II. von Spanien, hauptsächlich geführt von Östereich und Frankreich. Wieder musste die Bevölkerung im Ruhrgebiet unter ständigen Einquartierungen und Kampfhandlungen leiden. So fielen im Jahr 1702 französische Truppen ins niederrheinische Sonsbeck ein und plünderten den Ort. Politisch betrachtet hatte das spätere Ruhrgebiet eher wenig Macht und konnte sich gegen die Großmächte Europas kaum zur Wehr setzen. Erst mit Ende des Spanischen Erbfolgekrieg konnte sich das Gebiet erholen und eine erneute Entwicklung wurde möglich. Die Großmächte waren kriegsmüde und Interessen wurden nun eher auf diplomatischer Ebene vertreten.

Der Siebenjährige Krieg brachte von 1756 bis 1763 erneut Unruhe ins Ruhrgebiet, obwohl Kleve und Mark selber nicht in den Krieg verwickelt waren. Der Rhein-Ruhr-Raum war aufgrund der beteiligten Parteien erneut in der Geschichte ein Durchmarschgebiet für einen Krieg. Mit Preußen und England/Kurhannover zum einen und Frankreich, Österreich und Russland zum anderen, waren alle europäischen Großmächte in diesen Krieg verwickelt. Für Preußen, Österreich und Russland ging es um die Vorherrschaft in Europa, England und Frankreich kämpften dagegen um die Vorherrschaft über die Überseekolonien und die Weltmeere. Geschichtliche Persönlichkeiten wie der Preußenkönig Friedrich II., auch als der „Alte Fritz“ bekannt, Maria Theresia von Österreich sowie die Zarin Elisabeth von Russland prägten diesen Krieg. Aber auch kleinere Staaten wie Sachsen und Bayern waren an diesem Krieg beteiligt. In dem Krieg wurden die Städte Hamm, Essen und Dortmund stark in Mitleidenschaft gezogen. 20% der Bevölkerung von Hamm verloren durch den Krieg ihr Leben. Insbesondere französische Truppen besetzten auf ihren Weg ins Hannoveranische Land sehr häufig Teile des Ruhrgebiets. Ein Beispiel wäre die Besetzung der Ruhrlinie zwischen Duisburg und Werden 1760 durch den französischen General Johann Christian Fischer. Hinzu kam die Beschlagnahmung von großen Getreidevorräten durch die französischen Soldaten. Gefechte trugen die verfeindeten Parteien dagegen nur selten in der Rhein-Ruhr-Region aus.
Der siebenjährige Krieg endetet für England und Frankreich im „Frieden von Paris“. Fünf Tage später, am 15. Februar 1768, wurde mit dem „Frieden von Hubertusburg“ zwischen Preußen mit seinen Gegnern der Krieg beendet.

Friedrich II. (der Große), König von Preußen, im Alter von 68 Jahren, Gemälde von Anton Graff, 1781 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Friedrich II. (der Große), König von Preußen, im Alter von 68 Jahren, Gemälde von Anton Graff, 1781 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

In Kleve und in der Mark hielten die Bewohner nicht sehr viel vom preußischen Militär und der in ihr geforderten Disziplin. Umgekehrt hielt das preußische Militär die Bewohner an Rhein und Ruhr für nicht besonders geeignet, um im Militär zu dienen. Trotz dieser Ansicht wurden sehr häufig Soldatenwerber nach Kleve-Mark geschickt, um Soldaten für die preußischen Truppen an zu werben. Die preußischen Militärwerber nutzen dabei die „Trinkfreudigkeit“ der Märker aus und überredeten diese zum Militärdienst, wenn diese unter Alkoholeinfluss standen. Dieses Vorgehen sorgte insbesondere in Dortmund für Empörung beim Bürgermeister, der wiederum dafür sorgte, dass die Männer wieder vom Militärdienst entbunden wurden. Eine besondere militärische Stellung nahm die Stadt Wesel ein, da dort die stärkste Festung des westlichen Preußen stand. Der preußische König Friedrich II., der Große, besichtigte die Anlage 1780 persönlich, um sich selbst ein Bild von diesem wichtigen strategischen Punkt am Rhein zu machen.

Ehemalige Zitadelle Wesel (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)
Ehemalige Zitadelle Wesel (Quelle: Dießenbacher Informationsmedien)

Die größten Veränderungen des 18. Jahrhunderts im westlichen Teil Preußens war eine Verwaltungsreform im Jahr 1723. Durch den Staat wurden preußische Verwaltungsbehörden, sogenannte Kriegs- und Domänenkammern, eingerichtet und langsam setzte sich das preußische Leistungsprinzip im Rheinland und in Westfalen durch. Diesem inneren Aufschwung konnten die anderen kleineren, nicht preußischen Herrschaftsgebiete in der Ruhrregion nur schwer folgen. Der Lippe-Ruhr-Raum und die Grafschaft Mark wurden der Kammer in Kleve zugeteilt. Dieser Entschluss wurde 1767 abgeändert, da der Großteil der Verwaltungsangelegenheiten die märkische Grafschaft betraf und daher bekam diese in Hamm ihre eigene Kammer. Besonders der Kohleabbau und die Salzproduktion nahmen eine besondere Stellung innerhalb der Verwaltung ein. Im klevischen Teil spielte zudem der Handel und die Schifffahrt eine besondere Rolle. Besonders die Städte Duisburg, Ruhrort und Wesel waren für den Handel mit den Niederlanden sehr wichtig. In der Mitte des 18. Jahrhundert wurden in Kleve und in Moers das Justizwesen neu geordnet und die Wirtschaft wie z. B. die Seidenindustrie bekam von der preußischen Regierung neue Auflagen. Durch die räumliche Trennung zum preußischen Kernland entstanden allerdings Wachstumshemmnisse, die besonders durch die Zollpolitik hervorgerufen wurden.

Der vormals bedeutende Hellweg verlor immer mehr an Bedeutung. Wichtiger wurde die südliche Ruhrregion und die kleineren Manufakturen und Werkstätten, die ihre Waren über Köln und Duisburg weiter verschifften. Entlang der Ruhr entstanden kleine Marktzentren, die ihre Waren selber vertrieben. Das städtische Gewerbemonopol verlor langsam an Bedeutung und so entstanden immer mehr handwerkliche Betriebe unterschiedlichster Art in ländlichen Gebieten. Am Hellweg hingegen mussten sich die Menschen nach neuen Erwerbsmöglichkeiten umsehen. Diese wirtschaftlichen und gewerblichen Änderungen können im gesamten klevisch-märkischen Gebiet beobachtet werden. Viele Städte an der Ruhr wurden zu Ackerbaustädten und ihre Einwohner betrieben Landwirtschaft, während im ländlichen Süden, Richtung Bergisches Land, eher Gewerbe betrieben wurde. Ebenso wurde an der Lippe verstärkt Landwirtschaft betrieben. Die Produkte von Lippe und Ruhr wurden dann in den Süden der Ruhrregion verkauft. Die preußische Regierung versuchte dabei, sowohl die Interessen der Landbevölkerung als auch der Städter zu berücksichtigen.

Trotz der allgemeinen wirtschaftlichen Verlagerungen gewann dagegen insbesondere der Bereich des Kohleabbaues und die Eisenverhüttung an der Ruhr und am Hellweg zunehmend an Bedeutung. In Duisburg-Ruhrort begann 1716 der Hafenbau, der hauptsächlich dem Kohletransport dienen sollte. Zuvor wurde die Kohle meist durch Fuhrwerke und Pferdekraft in die Städte gebracht. Durch den Transport auf der Ruhr entstand somit ein neuer Erwerbszweig, der vor allem den ansässigen Speditionen großen Nutzen brachte. Um 1732 wurde der Ruhrorter Hafen mit zunächst einem Hafenbecken eröffnet. Das Hafenbecken wurde in einem Altarm der Ruhr angelegt. Auf Basis dieses Hafens entwickelte sich die Duisburger Binnenschifffahrt. So nimmt auch die Unternehmensgeschichte der Familie Haniel 1756 hier ihren Anfang.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden sehr viele Kleinzechen im Ruhrgebiet angelegt. In Schwerte war 1755 eine Zechenzählung für die märkische Grafschaft vorgenommen worden. Dabei wurden 212 Zechen gezählt, von denen zu diesem Zeitpunk noch 108 in Betrieb waren. Eine Zeche hatte in der Regel fünf bis acht Mitarbeiter. Zum damaligen Zeitpunkt waren die Stollen noch nicht sehr tief und lagen nur wenige Meter unter der Erdoberfläche. In Essen-Altendorf entstand 1722 eine Stollenzeche, ebenso 1733 auf dem Gebiet des Stift Essen. Besonders in Bochum wurden viele Zechen angelegt, so auch die Zechen „Engelsburg“, „Glücksburg“, „Preußisches Zepter“, „Treue“ und „Friedrich“.

1737 trat die preußische Bergordnung in Kraft, die das Bergbauwesen in Brandenburg-Preußen umgestaltete und neu ordnete. Nach und nach wurden in den Städten Bergämter eingerichtet, wie 1738 in Bochum. Eine gesonderte Bergordnung für das Herzogtum Kleve, das Fürstentum Moers und die Grafschaft Mark erschien 1766. In dieser Ordnung wurden die Erschließung von Bodenschätzen und die Verfügungsrechte geregelt. Bevor man schürfen durfte, musste man sich zunächst beim zuständigen Bergamt einen „Schurfschein“ besorgen, um über die Schurfrechte zu verfügen. Wenn man beim Schürfen auf Kohle stieß, musste man beim Bergamt eine „Mutung“ einlegen. Dies bedeutete, dass man seinen Fund nachweisen musste. Danach erhielt man in der Regel an dem Grubenfeld die Eigentumsrechte, die sogenannte „Berechtsame“. In der staatlichen Bergbehörde wurden sowohl bergpolizeiliche Aufgaben wahrgenommen als auch personalpolitische Entscheidungen getroffen. Die Bergleute waren auf Grund der Bergordnung vom Militärdienst entbunden und sie waren Mitglieder in einer Krankenkasse. Außerdem unterstanden die Bergleute der Gerichtsbarkeit der Bergämter.

Mit dem zunehmenden Kohleabbau ging die Entstehung neuer Gewerbe und weiterer Neuerungen einher. In Witten wurde eine Fabrik für Winden und Kettenzüge eröffnet. Die Winden fanden Anwendung bei Pferdefuhrwerken und bei der Eisenbahn. Im Bergbau wurden diese Winden für das Verladen der Kohle verwendet. Durch den Kohleabbau wurden neue Wege für den Transport angelegt. Ein Beispiel wäre der Gahlener Kohlenweg, der in Bochum anfing, über Gelsenkirchen verläuft und in Gahlen bei Schermbeck bzw. Dorsten endete. In Gahlen wurde die Steinkohle dann über die Lippe in Richtung Rhein verschifft. Der Weg war nur schlecht ausgebaut und die Fuhrwerke blieben vermutlich öfter stecken. Das war eine Problematik, die häufiger anzutreffen war. Die Reisezeiten im Ruhrgebiet waren für Händler, die Post und Reisende aufgrund schlecht ausgebauter Straßen sehr lang und beschwerlich. Um z. B. von Dortmund nach Duisburg zu gelangen, brauchten Reisende 15 Stunden. Zusätzlich behinderten fehlende Brücken und Wegzölle das Vorankommen. Da sich durch den zunehmenden Kohleabbau der Verkehr langsam erhöhte, wurden im auslaufenden 18. Jahrhundert die Straßenverhältnisse den neuen Anforderungen angepasst.

Des Weiteren wurde die Ruhr schiffbar gemacht, um den Kohletransport zum Rhein zu erleichtern. 1774 begann Preußen damit, Schleusen zu bauen, die die Ruhr bei der Fertigstellung 1780 in einer Länge von 74 km befahrbar machten. Insgesamt waren 16 Schleusen notwendig, um die unterschiedlichen Wasserstände auszugleichen. Neben Kohle verschifften die Speditionen auf der Ruhr Salz aus dem Salzwerk Königsborn in Unna und andere Handelsgüter.

Querprofil und Details der 1799 errichteten Dampfmaschine der Saline Königsborn, Kolorierte Tuschzeichnung von Jacob Niebeling, 1822 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Querprofil und Details der 1799 errichteten Dampfmaschine der Saline Königsborn, Kolorierte Tuschzeichnung von Jacob Niebeling, 1822 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Das Salzwerk Königsborn gehörte zu den ersten Anlagen im Ruhrgebiet, die Ende des 18. Jahrhunderts eine Dampfmaschine eingesetzt hatten. Damit sollte sich der Produktionsablauf verbessern und der Abbau des Salzes erhöhen. Durch die Einführung der Dampfmaschine wurde der Beginn der Industrialisierung im Ruhrgebiet entschieden vorangetrieben. Nachdem in Unna bereits lange vorher Salz abgebaut wurde, hatte der preußische Staat 1734 den ersten Brunnen des Salzwerks in Königsborn abteufen lassen. Nach Königsborn erhielt um 1800 die Steinkohlenzeche Vollmond in Bochum eine Dampfmaschine. Auf Basis dieser Neuerung war die Möglichkeit gegeben, dass die Bergbaubetreiber tiefere Stollen anlegen konnten und somit den Abbau der Kohle erheblich steigern konnten, da durch die Maschine die Entlüftung und die Entwässerung der Schächte sehr vereinfacht wurde. Dadurch wuchs die Belegschaften der Kohlebergwerke.

Insgesamt gesehen bemühte die preußische Regierung sich sehr darum, den Kohleabbau und deren Verkauf zu fördern. Ein Schritt dahingehend war die Einschränkung des Holzverbrauchs 1765 per gesetzlichem Erlass. Der Preußenkönig Friedrich der Große bemühte sich zudem, der Bevölkerung zu zeigen, dass die Verbrennung von Steinkohle keine negativen, gesundheitlichen Folgen hatte. Zu diesem Zweck ließ er im Jahr 1780 so genannte „Kommissbrote“ , haltbares, einfaches Brot für die Soldaten, in mit Steinkohle beheizten Öfen backen. In anderen Orten des Rhein-Ruhr-Raum war sowohl Kohle, als auch Holz wie z. B. in Neukirchen-Vluyn Mangelware. Dort brach 1717 ein Torfstreit aus, weil sie kein anderes Brennmaterial hatten.

Mit der Gründung der St. Antony-Hütte in Oberhausen 1758 begann die Eisenverhüttung im Ruhrgebiet. Zur Hütte gehörten ein Schmelzofen, ein Formhaus, ein Wasserwerk, ein Kohlenschuppen und dazu noch Wohnhäuser. Das benötigte Eisenerz wurde in der näheren Umgebung abgebaut. Im Jahr 1771 wurde in St. Antony-Hütte erstmals Eisen mit Hilfe von Steinkohle verhüttet.

St. Antony-Hütte (Quelle: Haniel Archiv)
St. Antony-Hütte (Quelle: Haniel Archiv)

Ein weiteres Gewerbe und Handwerk, das sich ausweitete, war die Textilbranche. In Duisburg betrieben 31 Schneider, 14 Wollenweber und 19 Leinenweber das Textilhandwerk. Das stellte für die Stadt neben den Tabakmanufakturen einen großen Industriezweig dar. Leinen und Tuche wurden bis in die Niederlande exportiert. Die Unternehmer richteten ganze Manufakturen ein, die jeden Produktionsschritt bis zum fertigen Stoff selber durchführen konnten. Neben Duisburg besaß der heutige Essener Raum einige wichtige Textilmanufakturen. Durch die Erhebung eines Schutzzolls in den Provinzen Mark und Ravensberg durch die preußische Regierung gingen allerdings die dortigen Marktanteile verloren. Weiterhin wurden die Stoffe an Händler verkauft, die diese wiederum in ganz Europa und in Übersee weiterverkauften.

Während sich die Industrialisierung immer weiterentwickelte, wurden im 18. Jahrhundert immer mehr Zeitungen herausgegeben, die die Bewohner der Städte in regelmäßigem Abstand mit neuen Nachrichten versorgten. Duisburg bekam 1727 seine erste Zeitung: der „Wöchentliche Duisburgische Adress- und Intelligenz-Zettel“. In der Zeitung wurden Handelsinformationen, Geldkurse, amtliche Angelegenheiten und in späterer Zeit Feuilletonartikel, in denen über kulturelle Ereignisse, Entwicklungen und Neuheiten berichtet wurden, veröffentlicht. Daneben erschienen in Dortmund und Essen die ersten wöchentlichen Zeitungen.

Trotz dieser gewerblichen Entwicklungen blieb die Region sehr ländlich geprägt und die Städte erreichten keineswegs die Größe von Köln, Krefeld oder Frankfurt. Duisburg war Ende des 18. Jahrhunderts die größte Stadt mit 5300 Einwohnern, während Gelsenkirchen nur ca. 500 Einwohner hatte. Nach Schätzungen lebten um die 300 000 Menschen in der Ruhrregion. Während sich im Ruhrgebiet die ersten Industrialisierungsprozesse in Gang setzten, begann in Frankreich 1792 die Französische Revolution, die mit ihrem Verlauf und deren Nachwirkung bedeutenden Einfluss auf die Ruhrregion haben sollte.