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Entwicklung der Zeche Zollverein im Bereich des heutigen Welterbe

Schurfbohrungen, Mutungen und Konsolidierung



Abb. 1: Schurfschein
Abb. 1: Schurfschein vorne. Quelle: Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Berbau-Archiv
Abb. 1: Schurfschein
Abb. 1: Schurfschein hinten. Quelle: Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Berbau-Archiv

In diese Zeit um 1839/40 fallen die ersten Schurfanträge im Gebiet der späteren Zeche „Zollverein“. Gerhardt Sternsiepe jun. „begehrt“ einen Schurfschein und erhält diesen am 9. August 1839. Dass in der näheren Umgebung schon ein Schacht im Feld „Friedrich Ernestine“ erfolgreich abgeteuft worden ist, wird ihn zu diesem Schritt ermutigt haben. Insgesamt werden 5 Schurfscheine ausgestellt. Neben Gerhardt Sternsiep werden auch einem Josef Wilms genannt Stratmann, einen F. Dahlmeier und einem Wolf genannt Eickelmann Schurfscheine in dieser Zeit ausgestellt. Am 20. Juni 1840 wird dem Kaufmann Franz Haniel der fünfte Schurfschein ausgestellt. Schurfarbeiten, also Bohrungen, hat keiner der fünf „Bergbaulustigen“, so nannte man die am Bergbau Interessierten, in diesen Schurfbezirken in der vorgeschriebenen Frist von 58 Wochen durchgeführt. Demnach verfielen die Schurfsbezirke, sie „fielen ins Freie“.

Abb. 1: Die Gemeinden Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg im Bereich des späteren Grubenfeldes.
Abb. 2: Die Gemeinden Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg im Bereich des späteren Grubenfeldes.

In Folge werden 2 Gruppen erneut Schurfanträge stellen. Zum einen ist es eine Gruppe aus Essen. Zu ihr gehören Hermann Schlieper, der Gutsbesitzer Friedrich Schulz, der Gastwirt Christoph Korn, der Schreinermeister Bernhard Rieck und die Kaufleute Heinrich Hausmann und Robert Nedelmann. Hermann Schliepen erhält am 24.April 1840 den Schurfschein für einen Bezirk nord-östlich vom heutigen Schacht 1/2/8. Die Gruppe beginnt 2 Jahre später, also um 1842, ihre ersten zwei Bohrungen in diesem Bezirk.

Abb. 3: Die Schürfbezirke.
Abb. 3: Die Schürfbezirke.

Wenn bei solchen Schurfbohrungen Funde gemacht werden, so erhebt der Bergbaulustige darauf eine sogenannte „Mutung“. Der Bergbaulustige muß für diese Mutung ein Feld abstecken, das in seiner freien Form maximal ca. 2,16 qkm groß sein darf. Zwischen zwei beliebigen Punkten auf dieser Begrenzung darf der Abstand nicht mehr als ca. 4,19 km betragen. Die Schurffunde müssen sodann aufgedeckt werden, damit die Bergbehörde vor Ort den Fund beurteilen kann, also ob eine Bauwürdigkeit vorliegt. Bei positiven Bescheid wurde ihnen dann das Feld „verliehen“. Da im Bereich der späteren Zeche „Zollverein“ die Steinkohle nur unter einem Deckgebirge in Tiefen von über 100m vor kam, mussten zur Sichtung der Funde tiefe Schächte abgeteuft werden.

Abb. 4: Die Probebohrungen (Schurfbohrungen) und das spätere Grubenfeld.
Abb. 4: Die Probebohrungen (Schurfbohrungen) und das spätere Grubenfeld.

Aus nicht bekannten Gründen hat die Essener Gruppe nach den Bohrungen zwar 2 Mutungen erhoben, “Hermannus“ und „Prinz von Preussen“, die gesetzlichen Bestimmungen zur Verleihung aber nicht erfüllt, sondern immer vor Ablauf der Fristen neue Mutungen auf die Funde erhoben. Diese Vorgehensweise wurde teilweise auch benutzt, um Mitbewerber zu behindern. Um es vorwegzunehmen, diese beiden Mutungen werden in den Jahren 1845 und 1846 an die zweite Gruppe um den Kaufmann Franz Haniel verkauft, die die Mutungen dann auch weiterverfolgen wird.

Abb. 5: Die Streckung der Einzelfelder bei der Konsolidation.
Abb. 5: Die Streckung der Einzelfelder bei der Konsolidation.

Franz Haniel ist also wieder dabei. Er gehört zu dieser zweiten Gruppe, die eine Bohrgesellschaft bilden und die hauptsächlich aus Ruhrorter Kaufleuten besteht. Zu ihnen gehören federführend Franz Haniel, die Kaufleute Karl Linden, Konrad Wilhelm Engels, Heinrich Plistermann, Christoph Halfmann und der Oberingenieur Ferdinand Noot. Später wird Franz Haniel seine Kinder mit in diese Bohrgesellschaft aufnehmen. Die Kaufleute Hugo, Max, Julius, Friedrich Wilhelm und Richard, den Ingenieur Louis, den Referendar Theobald und seine Tochter Tusnelda. Sein Sohn Hugo wird später Repräsentant der Zeche „Zollverein“ werden.

Abb. 6: Die Berechtsame Zollverein. Zusammensetzung der Einzelfelder.
Abb. 6: Die Berechtsame Zollverein. Zusammensetzung der Einzelfelder.

Im Jahr 1844 wendet sich die Ruhrorter Gruppe dem späteren Feld der Zeche „Zollverein“ zu. Am 19.August 1844 werden die Schurfscheine für vier Schurfbezirke an Franz Haniel und Karl Linden erteilt. Als die Schurfscheine 1845 erlöschen, werden sie anderen Mitgliedern der Ruhrorter Bohrgesellschaft neu erteilt. So bleiben sie der Bohrgesellschaft in Hinblick auf ein großes Grubenfeld erhalten. Bohrungen jedoch finden in diesen Bezirken nicht statt.

Abb. 7: Die Baufelder.
Abb. 7: Die Baufelder.

Mitte des Jahres 1845 werden der Ruhrorter Bohrgesellschaft weitere neun Schurfscheine erteilt. Bohrungen finden aber hauptsächlich in der Gegend des späteren Abteufpunktes des Schachtes 1 statt. Es werden 14 Mutungen erhoben. Die Felder werden strahlenförmig von den Mutungen weg „gestreckt“. Sie bilden so eine zusammenhängende Feldform, die konsolidiert, also zusammengelegt werden sollen. Es entsteht ein großes Feld unter dem Namen „Zollverein“ und entspricht dem späteren Grubenfeld der Zeche „Zollverein“.

Abb. 8: Die Schachtanlagen der Zeche Zollverein.
Abb. 8: Die Schachtanlagen der Zeche Zollverein.

Bei 14 Mutungen hätte man eigentlich laut Bergamt 14 Schächte abteufen müssen, um die Funde zur Sichtung freizulegen. 14 Schächte in große Tiefen abzuteufen war natürlich nicht im Sinne der Bohrgesellschaft, die das auf Grund des hohen Aufwandes und der damit verbundenen Kosten natürlich vermeiden wollte. Der große Vorteil dieser Feldstreckung besteht darin, dass nun von einem Schacht aus die einzelnen Mutungen untertage erreicht werden könnten. Wie schon erwähnt, liegen die Funde in Tiefen von weit über 100m. Das Bergamt stimmt im Januar 1847 schließlich der Konsolidierung zu.

Damit könnten alle 14 Mutungen über nur einen Schacht aufgedeckt werden. Doch als später die ersten Steinkohleflöze erreicht werden, lässt Franz Haniel, der mit seiner Familie bis Herbst 1847 alle Anteile von den übrigen Bohrgesellschaftsmitgliedern erworben hat, entgegen seiner Absicht, die vorhandenen Mutungen „ins Freie fallen“ und erhebt von 1850 bis 1853 neue Mutungen auf Funde, die er in dieser Zeit neu vorfindet. Die Felder werden nochmals in geringfügiger weise neu gestreckt. Bis 1858 wird dann die letzte Bergbauberechtigung, „die Bergrechtsame“, für das konsolidierte Gesamtfeld „Zollverein“, bestehend aus den Einzelfeldern „Heinrich“, „Germania Nr. 1“ bis „Germania Nr.6“, „Borussia“, „Industrie“, „Godesberg“, “Rolandseck“, „Hermannus, „Drachenfelds“ und „Rheinland“ erteilt.